Am 24. Juli 2024 jährt sich die Stadtgründung Neu-Isenburgs zum 325ten Mal.
Zum diesjährigen Stadtjubiläum erhält die Stadt heute, in einem kleinen Festakt im Stadtmuseum „Haus zum Löwen“, zwischen 15:00 Uhr und 16:00 Uhr, von Innenstaatssekretär Martin Rößler die Zusatzbezeichnung „Hugenotten- und Waldenserstadt“ verliehen.
„Die Stadt Neu-Isenburg ist stolz auf ihr hugenottisches und waldensisches Erbe. Der Namenszusatz soll diesem Andenken zusätzliches Gewicht verleihen. Gerade in der heutigen Zeit sollten wir uns immer mal wieder daran erinnern, dass wir auf eine lange, erfolgreiche Migrationsgeschichte zurückblicken - gerade in Zeiten, in denen es vielen Menschen nicht gut geht und sie vor Krieg und Not auf der Flucht sind,“ sagt Bürgermeister Dirk Gene Hagelstein.
Neu-Isenburgs Geschichte ist auch eine Migrationsgeschichte
Neu-Isenburgs Gründungsgeschichte steht mit den Religionskriegen, die im Zuge der Reformation im 16. Jahrhundert herrschten, in engem Zusammenhang. In Neu-Isenburg fanden die Menschen, die teilweise viele Jahre auf der Flucht waren, eine neue Heimat.
Johannes Calvin brachte die reformierte Lehre - und damit die Glaubensspaltung - nach Frankreich. Die Hugenotten, wie die französischen Protestanten hießen, organisierten sich unter Admiral Coligny, die katholische Gegenpartei wurde vom Adelsgeschlecht der Guisen geführt. 1562 begann ein Bürgerkrieg, dem Tausende von Hugenotten zum Opfer fielen. König Heinrich IV stellte mit dem Edikt von Nantes 1598 den Religionsfrieden her, das den Hugenotten freie Religionsausübung zusicherte und eine politische Sonderstellung einräumte. In der Regierungsphase Ludwig XIV wurde diese Freiheit wieder eingeschränkt. Das Revokationsedikt von Fontainebleau 1685 verbot schließlich das reformierte Bekenntnis in Frankreich. Hugenotten und andere reformierten Gruppen, die sich nicht mit Gewalt dem Gebot: „Ein König, ein Glaube, ein Gesetz“ unterwerfen wollten, flüchten in reformierte Nachbarländer.
Die Hugenotten aus Südfrankreich gingen zunächst in die Schweiz. Die Schweiz war dem Flüchtlingsstrom bald nicht mehr gewachsen und wandte sich Hilfe suchend an die protestantischen Länder. Der holländische Gesandte Pieter Valkenier wurde beauftragt, Unterkünfte für die Waldenser in Deutschland zu suchen. Valkenier trat mit dem Grafen Johann Philipp von Isenburg-Büdingen in Kontakt.
Der Graf war als Calvinist bemüht, den Flüchtlingen zu helfen und versprach Aufnahme der Waldenser. Als David de Calmez, der Vermittler der Hugenotten in der Schweiz, ebenfalls beim Grafen von Isenburg vorsprach, glaubte dieser, es handle sich um die mit Valkenier besprochene Flüchtlingsgruppe und wies den Hugenotten ein Siedlungsgebiet auf seinem Land zu. Freier Gebrauch ihrer französischen Muttersprache und freie Ausübung ihrer Religion wurden ihnen zugesichert.
Gründung Neu-Isenburgs
Am 24. Juli 1699 leisteten dem Landesherrn 34 französische Familien im Offenbacher Schloss den Treueeid. Graf Philipp überließ diesen Hugenotten an der Südgrenze zur Stadt Frankfurt Land, um sich eine neue Existenz aufzubauen.
Das Land wurde von Andreas Löber, dem Hofmeister seiner Schwester Amalie von Wittgenstein Berleburg, unter den Siedlern aufgeteilt. Die Aufteilungen des Landes wurde mit einem eigens dafür geschaffenen Maß, dem „Isenburger Fuß“ (29 cm lang, 23 mm breit und 6,5 mm stark) durchgeführt, was später zu Konflikten führen sollte: Die Länge der Maßeinheit Fuß war in den verschiedenen Ländern unterschiedlich. Der Grundriss des Ortes Neu-Isenburg war nach dem barocken Ideal streng geometrisch ausgerichtet und stellt im Grundriss ein Andreaskreuz dar.
Der Grundriss des Ortes Neu-Isenburg ist nach dem barocken Ideal streng geometrisch ausgerichtet und stellt im Grundriss ein Andreaskreuz dar. Neu-Isenburg wurde von hugenottischen Glaubensflüchtlingen gegründet, denen der Graf Philipp von Ysenburg-Büdingen Siedlungsland zur Verfügung stellte.
Vom Landesherrn war den Hugenotten Schutz, freier Gebrauch ihrer französischen Sprache und Religionsfreiheit zugesichert worden. Das Privileg der Steuerfreiheit war für die ersten Siedlerfamilien leider nur ein vorübergehendes Phänomen, konnte also nicht in die Gegenwart gerettet werden. Die Siedler waren zunächst als Bauern tätig, besannen sich aber sehr bald auf ihre ursprünglich erlernten Handwerksberufe, etwa den des Strumpfwirkers, und legten so für die Entwicklung Neu-Isenburgs den Grundstein.
Hugenotten und Waldenser
Die Waldenser stießen 1701 zur ursprünglich hugenottischen Bevölkerung Neu-Isenburgs. Sie hatten zumeist zuvor schon in anderen deutschen Siedlungen gelebt, waren erfahren in Angelegenheiten der Selbstverwaltung und sozial engagiert. Die Aufnahme der Waldenser führte dann dazu, dass der mit einem Mandat für waldensische Geflüchtete ausgestattete niederländische Gesandte Valkenier nun auch Neu-Isenburg mit Geldleistungen unter-stützte. Das stabilisierte die bis dahin ungenügend ausgestatte junge Sied-lung. Mit diesen Mitteln konnten unter anderem Pfarrer und Lehrer bezahlt werden. Hugenotten und Waldenser trieben die weitere Entwicklung des Ortes gemeinsam voran. Beide Gruppen stellen Honoratioren wie Bürgermeister oder die Wirte der ersten beiden Gasthäuser.
Im Jubiläumsjahr 2024 ist Neu-Isenburg auf fast 41.000 Einwohnerinnen und Einwohner sowie mehr als 6.700 Unternehmen gewachsen. Gleichzeitig ist Neu-Isenburg seit vielen Jahren die stärkste Wirtschaftskraft im Kreis Offenbach.