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Hamutal Ben-Arieh besucht die Seminar- und Gedenkstätte Bertha Pappenheim

Die Seminar- und Gedenkstätte Bertha Pappenheim in Neu-Isenburg durfte wieder einen ganz besonderen Gast begrüßen: Hamutal Ben-Arieh, Nachfahrin einer jüdischen Familie, die eng mit der Geschichte des ehemaligen Heims des Jüdischen Frauenbundes verbunden ist. Dies war ihr dritter Besuch in der Einrichtung, diesmal gemeinsam mit ihrer Familie, und er wurde zu einem bewegenden Moment der Erinnerung und des Austauschs.

Hamutal Ben-Arieh präsentierte in einem kleinen, familiären Rahmen die Geschichte ihres Vaters Rudolf Stern, später Ruben Stern, sowie seiner Schwester Paula. Die Familiengeschichte ist geprägt von Flucht, Überleben und der Suche nach Identität. Rudolf lebte von 1937 bis 1938 im Heim des Jüdischen Frauenbundes in Neu-Isenburg, seine Schwester Paula war bereits ab 1933 dort. Nach der Pogromnacht 1938 floh die Familie vor den Nationalsozialisten, Hedwig Stern, die Mutter, wurde später im Konzentrationslager Auschwitz ermordet. Rudolf überlebte die Shoa in Frankreich, emigrierte 1947 nach Palästina und erfuhr erst dort von seiner Schwester. Paula konnte 1944 nach Palästina fliehen und lebte bis zu ihrem 90. Geburtstag in Israel.

Der Besuch von Hamutal Ben-Arieh ist Teil eines langjährigen Austauschs zwischen Deutschland und Israel. Bereits 2017 nahm sie im Rahmen des Internationalen Austauschseminars mit der Hebrew University of Jerusalem teil, das von Prof. Dr. Asher Ben-Arieh, ihrem Ehemann, gemeinsam mit Prof. Sabine Andresen von der Goethe-Universität Frankfurt organisiert wird. Am 5. Mai 2025 folgte ihr zweiter Besuch mit Studierenden der Goethe-Universität Frankfurt, der Seoul National University und der Hebrew University: inhaltlich befassen sich die Studierenden in dieser Zeit durch wissenschaftliche Vorträge, aber auch durch Besuche verschiedener Einrichtungen, mit den Themen des Kinderschutzes und der Kinderrechte. Der Schwerpunkt des Seminars sind Ursachen und Folgen von Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, ihre Situation in schwierigen Lebenslagen (bspw. Fluchterfahrungen) und einer gesellschaftlichen Antwort darauf. Hamutal Ben-Arieh hatte zudem die Gelegenheit, ihre Bindung zu dem ehemaligen Heim des Jüdischen Frauenbundes den Anwesenden zu beschreiben wo ihre Familiengeschichte und die Bedeutung des Erinnerns im Mittelpunkt standen.

Hamutal Ben-Ariehs Erzählungen und die gezeigten Fotos ihrer Familie berührten alle Anwesenden zutiefst. Besonders die Bilder ihres Vaters, ihrer Tante und Großmutter unterstrichen die Bedeutung des Erinnerns an die Vergangenheit und die Verantwortung, das Gedenken lebendig zu halten. Die Familie Ben-Arieh verbindet eine tiefe persönliche Geschichte mit der Geschichte des Jüdischen Frauenbundes und trägt so dazu bei, das Bewusstsein für die Opfer des Holocaust und die Bedeutung der Erinnerungskultur zu stärken.

Zum Abschluss ihres Besuchs (30. Mai 2025) wurden im Namen des Bürgermeisters Gene Hagelstein zwei Geschenke überreicht: Erstens das Fotobuch „Ansichtssache“, das die Stadt zum 325. Stadtgeburtstag herausgegeben hat. Es zeigt die individuellen Ansichten der Neu-Isenburger Stadtfotografinnen und Stadtfotografen, die seit 2005 vom Neu-Isenburger Forum für Kunst und Kultur e.V. (FFK) eingeladen wurden, die Stadt aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu fotografieren. Zweitens wurde ein kleines Ölgemälde der Isenburger Künstlerin Claudia Zenk überreicht, das eine Collage der Stadt Neu-Isenburg zeigt. Beide Geschenke symbolisieren die Verbundenheit und das kulturelle Erbe der Stadt.

Spurensuche zur Großtante Hilda Johanna führt zu weiteren Familiendaten

Die Recherche rund um Hamutal Ben-Arieh hat auch nach ihrem Besuch im Mai neue Einzelheiten zu ihrer Großtante Hilda Johanna und deren Kindern Ilse (auch Else oder Elsa), Marianne und Irene zutage gefördert. Insbesondere zur Tochter Ilse/Else/ Elsa Stern (geboren am 27. März 1923 in Marburg). Hierbei wurden Daten aus drei Quellen zur Grundlage der Recherche genutzt:

Alte Einwohnerkartei (1890-1930), Alte Meldekartei (1930-1960) und der Geburtseintrag des Standesamts Marburg. Die Angaben sind teilweise widersprüchlich und ergeben folgendes Bild:

Alte Einwohnerkartei (1890-1930):

Else bzw. Elsa (beide Schreibweisen in der Kartei vorhanden) Stern, *27. März 1923 in Marburg/L., kommt am 5. Juni 1924 aus ihrem Geburtsort Marburg in das Heim des Jüdischen Frauenbundes. Am 25. Juni 1925 wird sie aus dem Heim nach Frankfurt in das Kinderhaus des Frankfurter Diakonissenhauses gebracht, das sich heute in der Eschersheimer Landstraße 120 befindet; auf der Meldekarte ist allerdings die Holzhausenstraße angegeben, wo sich früher der Eingang zum 1874 erbauten ehemaligen Diakonissen-Krankenhaus befand.

Alte Meldekartei (1930-1960):

Else bzw. Elsa (hier nun nur die Schreibweise Elsa) Stern, *27. April 1923 in Marburg/L., kommt am 6. Januar 1936 von Alzenau (Unterfranken) nach Neu-Isenburg, und wird ein zweites Mal im Heim des Jüdischen Frauenbundes untergebracht. Am 1. Dezember 1939 ist sie abgemeldet nach Frankfurt, Wöhlerstraße 6

Geburtseintrag des Standesamts Marburg:

Der Geburtseintrag gibt als amtliches Datum der Geburt den 27. April 1923 an und weiter, dass Elsa/Else Stern in der Universitäts-Frauenklinik Marburg zur Welt kam. Die Mutter war unverheiratet, kam aus Hochstadt im Landkreis Hanau und war von Beruf „Dienstmädchen“. Die Überweisung in die Frauenklinik des Universitätsklinikum Marburg deutet auf einen schwierigen Schwangerschaftsverlauf hin. Das Uniklinikum Marburg mit angeschlossener Hebammenschule hatte sich seit 1800 mit der Einrichtung eines Geburtshauses auf Geburtsmedizin spezialisiert. Gemäß Geburtseintrag lautete der amtliche Name von Mutter und Kind „Hilde“ und „Else“.

Elsa Stern wurde am 24./26.09.1942 von Frankfurt am Main über Berlin nach Raasiku (bei Reval) deportiert und am 23.08.1944 in das Konzentrationslager Stutthof gebracht, wo sich ihre Spur verliert. Es ist aber mit sehr großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Sie ermordet worden ist, auch wenn Todesdatum und Todesort unbekannt sind.

Die Recherchen, durchgeführt vom städtischen Archivar und der Historikerin des Online-Gedenkbuchs Neu-Isenburg, helfen, die Familiengeschichte trotz historischer Verschleierung nachvollziehbar zu machen. Weitere Ergebnisse und Kontext zur Familie werden laufend ergänzt.

Weitere Informationen:

Hedwig Stern: (Öffnet in einem neuen Tab) 

Paula Stern: (Öffnet in einem neuen Tab) 

Rudolf Ruben Stern: (Öffnet in einem neuen Tab) 

Elsa Stern: Stern, Elsa | Gedenkbuch (Öffnet in einem neuen Tab)

Kontakt Seminar- und Gedenkstätte Bertha Pappenheim:

Seminar- und Gedenkstätte Bertha Pappenheim

Zeppelinstraße 10, Neu-Isenburg

E-Mail: 

Tel.:06102 241-754/-755

 

Hinten vlnr: Oren Ben-Arieh, Ana Gutierrez, Asher Ben-Arieh, Hamutal Ben-Arieh. Vorne vlnr: Erez Ben-Arieh, Nitzan Ben-Arieh, Matan Kleinberger, Shoval Mozes
Hinten vlnr: Oren Ben-Arieh, Ana Gutierrez, Asher Ben-Arieh, Hamutal Ben-Arieh. Vorne vlnr: Erez Ben-Arieh, Nitzan Ben-Arieh, Matan Kleinberger, Shoval Mozes

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